Ausschreibungspraxis für Dienstleistungen in Museen

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Die Anforderungen an das Sicherheitspersonal in Museen sind vielfältig.

Wenn Museen Dienstleistungen ausschreiben, geht es um die Bewertung der anspruchsvollen Tätigkeiten, die vom Sicherheitspersonal erbracht werden. Denn sind Museumswärter Menschen, die Stunden, Tage, ein halbes Leben vor Gemälden und Statuen rumsitzen? So schreibt Max Fellmann 2013 in der Süddeutschen Zeitung. In Deutschland werden Bewachungsaufgaben gerne an Sicherheitsdienstleitungsunternehmen weitergegeben, die ihre Mitarbeiter entsprechend schulen – wenn der Auftraggeber bereit ist, hierfür mehr zu bezahlen, doch dazu kommen wir noch später.

Anspruchsvolle Tätigkeiten in Museen

Wir müssen zunächst zwischen „tags“ und „nachts“ im Museum“ unterscheiden. Wie sollten Sicherheitsmitarbeiter für den Tagdienst im Museum ausgebildet sein? Zunächst ist hier der Service-Gedanke im Vordergrund. Die Mitarbeiter haben in der Regel umfangreiche Aufgaben. Sie beobachten die Besucher, besondere Aufmerksamkeit gilt dabei Besuchergruppen wie beispielsweise Schülergruppen. Sie weisen freundlich auf die konsequente Einhaltung der Haus- und Besucherordnung hin. Sie führen festgelegte Maßnahmen bei Kunstalarm und Räumungsalarm durch. Die Mitarbeiter kontrollieren die Ausstellungs- oder Sonderveranstaltungsbereiche und melden Kunstbeschädigungen. Sie sind ebenfalls für die Prüfung der Eintrittskarten, die Taschenkontrolle, Besuchererfassung und den Garderobendienst verantwortlich. Und zusätzlich überwachen sie das Videosystem.

Als gewerberechtliche Zulassungsvoraussetzung kommt hier sicherlich ein Unterrichtungsverfahren in Betracht. Um serviceorientiert handeln zu können, benötigen die Mitarbeiter jedoch auch eine museumsspezifische Ausbildung. Hier haben sich zwei Ausbildungsgänge etabliert: Die „Echocast“, Kundenorientierung und Sicherheit beim Museumsbesuch, und die QEM – Qualifizierte Einbindung von Museumspersonal.

Beim Nachtdienst (also außerhalb der Öffnungszeiten und im Hintergrund des Tagdienstes) steht nun der Sicherheitsgedanke allein da. Die Mitarbeiter haben in der Regel folgende Aufgaben:

  • Kontrolle von Ausstellungs- oder Sonderveranstaltungsbereichen, Toiletten oder Räumlichkeiten, in denen sich Leute verstecken können,
  • Bearbeitung von Notrufen aus Aufzug und Behindertentoiletten,
  • Ausgabe von Schlüsseln an Mitarbeiter,
  • Annahme/Bearbeitung von Alarmen aus der Gebäudeleittechnik, Einbruchmeldeanlage, Brandmeldeanlage inklusive Alarmierung von innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Hilfe leistenden Stellen,
  • Überwachung/Bedienung der Videoanlage, Lichtsteuerung, Gebäudeleittechnik,
  • Kontrollgänge im Museum nach Schließung,
  • Intervention bei Vorkommnissen.

In beiden Tätigkeitsbereichen sollten entsprechende Deutsch- und Englischkenntnisse gemäß Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GeR) vorhanden sein. Beachtenswert ist die Tatsache, dass die Museumsaufsichten zwischen 10,31 EUR und 11,15 EUR brutto je Stunde, je nach Tarifgebiet, „verdienen“. Der durchschnittliche Stundenlohn beträgt 10,69 EUR. Auf Grund der Arbeitsmarktsituation sollen hier objektbezogene (außertarifliche) Zuschläge gezahlt werden, um die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen. Wobei wir wieder am Anfang dieses Artikels sind. Stundenlanges Stehen oder langsames Gehen in künstlicher Luft und in künstlichem Licht ist kein leichter Job.

Ausschreibungspraxis bei der Beschaffung von Sicherheitspersonal

Leider ist es immer noch üblich, solche Dienstleistungen zu 100 Prozent nach dem Preis auszuschreiben. Der Billigste bekommt den Zuschlag; dies ist insbesondere bei öffentlichen Auftraggebern der Fall. Woran liegt das? Weder bei den öffentlichen noch bei den privatwirtschaftlichen Auftraggebern gibt es Sicherheitsexperten, die die Leistung beziehungsweise Qualität einer Dienstleistung anhand von Konzepten bewerten können. Die Einkäufer oder Vergabestellen wollen sich den Rücken freihalten und bloß keine Fehler machen. Bei öffentlichen Auftraggebern führt dies zu Rügen und Nachprüfungsverfahren, der privatwirtschaftliche Einkäufer wird auf Grund von Einsparmaßnahmen bewertet. Also lieber auf der „sicheren Seite“ bleiben und den Preis als alleiniges Zuschlagskriterium ansetzen.

Es gibt Möglichkeiten, solche Leistungsbezogene Kriterien aufzustellen. Die Europäische Vereinigung der Sicherheitsdienste (Coess) und UNI-Europa haben mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union das Handbuch „Qualitätsvolle private Sicherheitsdienstleistungen beschaffen“ entwickelt. Nach diesem Handbuch können privatwirtschaftlich geführte Museen gut ausschreiben. Öffentliche Auftraggeber dagegen nicht, da das Rechenmodell Preis 40 % und Leistung 60 %, höchstrichterlich verworfen wurde. Bei der angewandten Rechenmethode werden die Punkte des Preises berechnet, indem der niedrigste Preis die 40 Punkte bekommt, die anderen prozentual weniger. Bei der Leistung werden die Punkte einfach addiert. OLG Düsseldorf hat dies für nicht zulässig erklärt, da hier unterschiedliche Wertungsmethoden eingesetzt werden. Auch bei der Leistung müsste der Bieter mit der höchsten Punktzahl aus der Addition die vollen Punkte bekommen, die restlichen Bieter prozentual weniger. Aber auch diese Berechnung wurde bereits wieder höchstrichterlich einkassiert.

Erweiterte Richtwertmethode

Für öffentliche Auftraggeber ist die einfache Richtwertmethode, die erweiterte Richtwertmethode oder die gewichtete Richtwertmethode (Median- oder Referenzmethode) nach UfaB VI – Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen Stand 30.04.2015, die regelmäßig vom Beschaffungsamt der Bundesministerium des Innern aktualisiert und herausgegeben wird. Der Autor bevorzugt die erweiterte Richtwertmethode, da nur hier kein „Flipping-Effekt“ entstehen kann. Das heißt, eine mittelmäßige Leistungspunktzahl kann durch einen sehr niedrigen Preis ausgeglichen werden und zum Zuschlag führen.

Privatwirtschaftliche Auftraggeber können die Eignungs- und Zuschlagskriterien aus dem Handbuch der Coess durchaus verwenden. Öffentliche Auftraggeber nicht, da die hier genannten Kriterien vermengt sind; eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist vergaberechtswidrig. Eignungskriterien beziehen sich immer auf das Unternehmen des Bieters, Zuschlagskriterien sind immer auf den jeweiligen Auftrag bezogen. Hier kommt es häufig auf die genaue Wortwahl an.

Öffentliche Auftraggeber verwenden die in der VgV beziehungsweise UVgO genannten Eignungskriterien, bei den Zuschlagskriterien ist die DIN 77200-1:2017-11 hilfreich, um Zuschlagskriterien zu bestimmen. Aber Obacht: Es gibt eine Zertifizierung nach DIN 77200-3:2017-11. Es ist zwar ratsam, die Ausschreibung an die DIN anzulehnen, die Forderung nach einer Zertifizierung ist bei einem europaweiten Verfahren unzulässig, da es sich um eine rein nationale Norm handelt und es nichts Vergleichbares in Europa gibt.

So können qualitätsvolle, private Sicherheitsdienstleistungen für Museen beschafft werden.

Roland Hasenjürgen, Management Consultant der Security Assist GmbH


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