Bewacherregister der Sicherheitsbranche bereitet Sorgen

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Im analogen Zeitalter erfolgte die Zuverlässigkeitsüberprüfung von neuen Mitarbeitern schneller als heute auf digitalem Weg.

Die Coronakrise bestimmt seit März 2020 das gesamte Leben in Deutschland, Europa und weltweit: vor diesem Hintergrund erscheinen viele andere Probleme, wie das Bewacherregister der Sicherheitsbranche, auf den ersten Blick marginal. Allerdings wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass gerade in der Coronakrise funktionierende digitale Verwaltungsprozesse auch für die Sicherheitswirtschaft unabdingbar sind, um die Sicherheit in Deutschland speziell zur Sicherstellung einer geordneten und geschützten Lebensmittelversorgung und einer geschützten Krankenhausversorgung durch den schnellen Einsatz neuer Sicherheitsmitarbeiter problemlos gewährleisten zu können.

Vor nun fast einem Jahr am 1. Juni 2019 ging das BWR als Digitalisierungsprojekt der Bundesregierung mit Beteiligung der Länder an den Start. Ziel des Projektes war es insbesondere, Vor-Ort-Kon-
trollen bei der Umsetzung des Bewachungsrechts zu erleichtern und zu verbessern. Darüber hinaus sollten nach den Vorstellungen der Bundesregierung die Prozesse des Erlaubnisverfahrens vereinfacht und die Zuverlässigkeitsüberprüfungen beschleunigt werden. Der BDSW erhoffte sich im Mai 2019 durch das BWR mehr Transparenz über die auf dem Markt befindlichen Sicherheitsunternehmen und eine deutliche Verkürzung der häufig viel zu langen Dauer der Zuverlässigkeitsüberprüfungen der Beschäftigten. Setzt man diese Erwartungshaltungen in Relation zum Status Quo des BWR, so fällt eine Zwischenbilanz mehr als ernüchternd aus.

Freischaltung des Bewacherregisters noch nicht abgeschlossen

Nach der Projektplanung der Bundesregierung sollte ursprünglich die Erstbefüllung aller Sicherheitsmitarbeiter bis 30. Juni 2019 abgeschlossen gewesen sein. Dies war in der Rückschau eine völlig unrealistische Projektplanung. So waren Mitte März 2020 210.000 Personaldatensätze durch die Sicherheitswirtschaft bundesweit in das BWR eingepflegt. Aber von diesen waren durch die § 34a-Wohnsitzbehörden aber nur 110.000 Wachpersonen freigeschaltet. Dies entspricht nach fast einem Jahr BWR gerade einmal 52,38 Prozent. Nach einer vom BDSW zum Jahresbeginn durchgeführten Mitgliederbefragung waren bei 29,1 Prozent sogar weniger als 20 Prozent der in das BWR bereits eingepflegten Bestandsmitarbeiter freigeschaltet. Dies zeigt, dass die § 34a-Wohnsitzbehörden immer noch mit der Freischaltung von Bestandsmitarbeitern erheblich in Verzug sind.

Wohnsitzbehörden als „Flaschenhals“

Leider ist festzustellen, dass bei vielen § 34a-Wohnsitzbehörden in Deutschland, speziell in den Bundesländern, wo die Bearbeitung von Anmeldungen im BWR nicht auf die Landkreise beziehungsweise kreisfreien Städte übertragen wurde, das zuständige Verwaltungspersonal für den Betrieb des BWR nicht vorbereitet, nicht geschult und nicht in ausreichender Personalstärke vorhanden ist. Hierdurch kommt es nach wie vor zu einem erheblichen Bearbeitungsstau. Vor diesem Hintergrund ist der BDSW bei seinen vielfältigen Informationsveranstaltungen zum BWR dazu übergegangen, auch interessierten
§ 34a-Wohnsitzbehördenmitarbeitern die Teilnahme zu ermöglichen. Ebenso wurden § 34a-Sachbearbeiter mit BDSW-Informationsmaterialien zum BWR versorgt.

„BWR-Mängelliste“ der Sicherheitsbranche wird abgearbeitet

Aufgrund des engen digitalen und persönlichen Dialoges mit seinen Mitgliedern konnte der BDSW auf Basis einer Mitgliederbefragung Anfang Februar 2020 dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) beziehungsweise dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) eine umfangreiche „Mängelliste“ zum Betrieb des BWR übermitteln. Mitte Februar 2020 erhielt der BDSW vom Bafa dann eine 24-seitige Antwortliste zu den vom BDSW aufgezeigten Mängeln und stellte die schrittweise Behebung in Aussicht. Auch wenn der Frustrationsgrad in der Sicherheitswirtschaft beziehungsweise innerhalb der BDSW-Mitgliedschaft über das BWR nach wie vor sehr groß ist, so war doch festzustellen, dass durch Personalaufstockung beim Bafa einige Dinge zwischenzeitlich verbessert wurden. Zumindest wurden die systembedingten Wartezeiten bei Nutzung des BWR-Systems erheblich verkürzt.

Der BDSW hat sich als der führende Branchenverband der Sicherheitswirtschaft bereits vor, aber insbesondere seit dem Start des BWR, permanent mit Anliegen seiner Mitglieder an das BMWi, die Politik, die Landeswirtschaftsministerien, das Bafa und in vielen Fällen auch direkt an § 34a-Wohnsitzbehörden gewandt, um eine Verbesserung beim Betrieb des BWR zu erreichen. In vielen – leider nicht in allen – Fällen konnte eine Verbesserung des Status Quo erreicht werden. Im Dezember 2019 wurde das Thema „BWR – Probleme“ vom BDSW mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier besprochen. Im Februar 2020 wurden die Pro-
blempunkte nochmals durch den BDSW ausdrücklich an das BMWI, das Bafa beziehungsweise das aus Ländervertreten bestehende Expertengremium zum BWR adressiert und konkrete Verbesserungsvorschläge unterbreitet.

Verlängerung der Zuverlässigkeitsüberprüfungszeiten

Besonders unbefriedigend ist, dass sich seit dem Start des BWR die durchschnittlichen Überprüfungszeiten der Mitarbeiter nicht verkürzt, sondern signifikant verlängert haben. Vor dem Start des BWR, das heißt im „Papierzeitalter“ erfolgte bei 58,1 Prozent der BDSW-Mitglieder innerhalb von maximal vier Wochen eine Zuverlässigkeitsüberprüfung von neuen Mitarbeitern. Dies ist mittlerweile nur noch bei 25 Prozent der Mitglieder der Fall.

Ausblick

Durch das Digitalprojekt BWR haben sich leider bisher weder die Prozesse des Erlaubnisverfahrens für die Unternehmen vereinfacht noch die Zuverlässigkeitsüberprüfungen durchschnittlich beschleunigt. Das BWR ist momentan noch als „Dauerbaustelle“ der Bundesregierung zu bezeichnen und ist für die Sicherheitswirtschaft zu einem Bürokratiemonster mutiert. Es ist auch der Hauptgrund dafür, dass der ursprünglich für Frühjahr 2019 geplante Ressortwechsel der Sicherheitswirtschaft vom BMWi auf das Bundesinnenministerium (BMI) sich um über ein Jahr verzögert hat. Sollte es in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu einem wie im Koalitionsvertrag vereinbarten und vom BDSW geforderten Sicherheitsdienstleistungsgesetz unter Ressort-
federführung des BMI kommen, so war dafür nicht die Coronakrise, sondern die Probleme rund um das BWR verantwortlich.

Dr. Berthold Stoppelkamp, Leiter des BDSW-Hauptstadtbüros


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