Gelungenes Konzept: Brandschutz in der Kirche

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Viereinhalb Jahre dauerte die Sanierung der vom Feuer zerstörten St. Martha Kirche. Beim Wiederaufbau hat man umfangreich in den Brandschutz investiert.

Kirchen, die häufig unter Denkmalschutz stehen, verfügen oft nicht über einen ausreichenden Brandschutz. So wie in Nürnberg: „Ihre Kirche steht in Flammen“, alarmierte ein Anrufer mitten in der Nacht den Pfarrer der St. Martha Kirche in Nürnberg. Anfangs hielt Dieter Krabbe den Anruf noch für einen üblen Scherz und legte auf. „Doch es klingelte wieder“, erinnert er sich, und da ahnte er, dass „mich doch niemand veräppeln wollte“. Die 1385 geweihte Kirche brannte am 5. Juni 2014 lichterloh. Die Bilder von den 20 m hohen Flammen, die durch den Dachstuhl in den Himmel stiegen, wird Pfarrer Krabbe „nicht mehr los“.

Die Schäden an dem Gotteshaus waren so groß, dass anfangs nicht einmal feststand, ob das spätgotische Bauwerk in seiner ursprünglichen Gestalt wiederaufgebaut werden kann. Nicht einmal im Zweiten Weltkrieg war die einzige evangelisch-reformierte Kirche Nürnbergs so stark beschädigt worden. Der Schock saß dementsprechend tief. Auch Pfarrer Krabbe fühlte sich angesichts der fast vollständigen Zerstörung der Kirche zunächst hilflos und fragte sich nicht nur in der Brandnacht: „Wie kann das im dritten Jahrtausend passieren, dass die Kirche als Ort und Hort von Sicherheit, von Geborgenheit, dass so ein Kleinod, den Flammen zum Opfer fällt, das kann doch nicht sein“. Doch die Gemeinde fand die Kraft, nach vorn zu schauen und die Krise als einen Neuanfang zu begreifen. Zeitnah wurde entschieden, die Kirche wird wiederaufzubauen.

Schwelbrand verursachte Katastrophe in Kirche

Die Brandursache konnte zwar nicht vollständig geklärt werden. Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit löste ein Schwelbrand im Dachstuhl die Zerstörung aus. Vielleicht, so Georg Rieger, Koordinator des Wiederaufbaus der St. Martha Kirche, entzündete die bei der Beseitigung des Taubenkots eingesetzte Wärme das Feuer. Der Schwelbrand blieb unentdeckt und konnte sich zu einem Großfeuer entwickeln. Die jahrhundertealten Balken sowie die Emporen und die Orgel verbrannten komplett. Die enorme Feuerhitze ließ sogar Teile des Mauerwerks abplatzen. Der hitzeempfindliche Sandstein wurde durch das Feuer so geschädigt, dass einzelne Wände einsturzgefährdet waren und beim Wiederaufbau mit Stahl verankert werden mussten. „Zum Glück“, so Rieger, „waren jedoch unsere wertvollen, farbig bemalten Original-Glasfenster aus der Zeit um 1.400 intakt geblieben“. Sie waren kurz zuvor aufgrund von Restaurierungsarbeiten ausgebaut worden.

Die Hoffnung, dass der Wiederaufbau innerhalb zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein würde, zerschlug sich jedoch schnell. Viereinhalb Jahre dauerte die Sanierung letztlich. Umgesetzt wurde der Entwurf des Münchner Architekten Florian Nagler, der sich mit seinem Vorschlag gegen andere Architekturbüros durchsetzen konnte. Auch, weil er am besten verstanden hatte, was die Gemeinde sich wünschte. Wir wollten die Sanierung „als Chance für einen Neuanfang nutzen“, so Pfarrer Krabbe. Deshalb wurde die am 10. November 2018 offiziell eröffnete Kirche so gestaltet, dass „wir neben dem Gottesdienst hier, in diesem Kirchenraum, viele Arten von Konzerten, Versammlungen und auch diakonische Projekte durchführen können“.

Naglers Entwurf folgte dabei auch dem Auftrag des Denkmalschutzes: Rekonstruktion nein, Ergänzung ja. Für eine moderne, helle und aufgeräumte Optik sorgen Sandstein, Lehmboden und Holzverkleidungen aus Weißtanne. Insgesamt zwölf Millionen Euro kostete am Ende die „Auferstehung“ der Kirche. Anfänglich gingen die Verantwortlichen noch von 6 Mio. EUR aus. Die Brandschutzversicherung übernimmt mit neun Millionen Euro den Großteil der Kosten. 850.000 EUR spendete die Öffentlichkeit, etwa 600.000 kommen aus einem Baufonds der evangelisch-reformierten Kirche in Bayern, und den Rest trägt die Gemeinde. Denn sie hatte sich bewusst dafür entschieden, über die reine Wiederherstellung hinauszugehen. Investiert wurde in eine Fußbodenheizung, eine moderne Lichtanlage, neue Toilettenhäuschen und natürlich Brandschutz.

Brandschutz auf der Höhe der Zeit

Das Herzstück des neuen Brandschutzkonzeptes, das in Zusammenarbeit mit Hekatron Brandschutz erarbeitet wurde, sind zwei Rauchansaugsysteme. Diese installierte der Errichter Michael Bosch von Jürgen Bosch GmbH Elektro- und Alarmsysteme im Dachstuhl der Kirche. Ein Rauchansaugsystem überwacht mit zwei Ansaugöffnungen im Hauptschiff, jeweils zwei Ansaugöffnungen in den Nebenschiffen und mit zwei Ansaugöffnungen im Altarraum den gesamten Kirchenraum. Und da der Dachboden der Marthakirche selbst sechs Meter und höher ist, detektiert hier eine zweite Anlage ebenfalls über mehrere Ansaugöffnungen jegliche Rauchentwicklung. Die wenige Millimeter großen Ansaugöffnungen sind vom Kirchenraum aus nicht zu sehen und stören damit „in keinster Weise die Optik“, findet Rieger.

In den Nebenschiffen, die fünf Meter hoch sind und damit als eigene Räume gelten, wurden zusätzlich jeweils zwei Rauchwarnmelder des Typs ASD 535 der Firma Hekatron eingebaut. Auch in der Sakristei und in anderen Räumen installierte Bosch Brandmelder, die auf einem Ring laufen. Alle Brandmelder und die Rauchansaugsysteme sind über eine Brandmelderzentrale direkt mit der Feuerwehr verbunden. Wird ein Alarm ausgelöst, rückt die Feuerwehr sofort an. Um der Feuerwehr die Orientierung zu erleichtern, löst die Brandmeldeanlage auch die „Blitzleuchte“ an der Straßenfront aus. Welcher Melder Rauch detektierte, sieht die Feuerwehr im Feuerwehrinformationszentrum im Nebengebäude der Kirche. Hier befinden sich auch die Laufkarten und der Tresor mit dem Schlüssel für das Tor der Kirche.

Besser als andere Kirchen geschützt

Auf den Einbau einer Sprinkleranlage wurde laut Rieger zwar verzichtet. Dafür wurde aber eine Trockensteigleitung eingebaut, die im Ernstfall für die Feuerwehr Wasser in den Dachboden führt. Um die Ausbreitung eines Feuers zu erschweren, wurden an neuralgischen Stellen auch Türen und Treppen eingebaut, die einem Brand mindestens 30 min widerstehen – T 30-Türen, die den Anforderungen der DIN 18095 entsprechen. Da eine schnelle Reaktion die Ausbreitung von Bränden verhindert, gibt es an mehreren Standorten der Kirche auch Feuerlöscher. Auch Handauslöser wurden installiert, mit denen Besucher direkt einen Alarm auslösen können.

Die Selbstrettung sollen drei Lautsprecher erleichtern, über die im Notfall ein in der gesamten Kirche hörbarer akustischer Alarm ausgegeben wird. Der akustische Warnton wird von der eingebauten Brandmeldeanlage initial beauftragt. Den Weg aus der Kirche weisen dezente Fluchtwegmarkierungen und ein Fluchtwegplan an beiden Seiten der Kirche. Die Notfallbeleuchtung wurde so ausgelegt, dass selbst bei einem Stromausfall noch eine Zeitlang die Ausgänge erkennbar sind. Zudem sichert der von der Feuerwehr genehmigte Bestuhlungsplan des Kirchenraums die Sicherheit der Besucher. Auch als Schutz vor möglichen Brandstiftern entschied sich die Gemeinde laut Rieger für den Einbau einer Einbruchmeldeanlage. Allesamt Maßnahmen, die das Gotteshaus vor einem erneuten Inferno schützen und „uns ein enormes Sicherheitsgefühl vermitteln“, so Rieger. 


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