So planen Sie Rettungs- und Fluchtwege in einem System

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Die „Eped“-Technologie bei Assa Abloy umfasst eine komplette Produktfamilie. Dazu gehört auch eine gesteuerte Druckstange mit integriertem Display-Terminal.

Einerseits müssen Rettungs- und Fluchtwege die Personensicherheit (Safety) gewährleisten. Andererseits müssen sie gegen Missbrauch und Einbruchsversuche (Security) gesichert sein. Wie der Spagat zwischen Safety- und Security-Anforderungen, gelingt, wie die technischen Herausforderungen und Anwendungen von Fluchtwegsystemen in einer Funktion gebündelt werden können, und welche Möglichkeiten sich dadurch für Planer, Objektbetreiber und Architekten ergeben, darüber sprach PROTECTOR mit Ulrich Rotenhagen, seit 30 Jahren Produktmanager bei Assa Abloy Sicherheitstechnik.

Herr Rotenhagen, was bedeutet die sogenannte „Eped“-Technologie und wofür hat sie Assa Abloy entwickelt?

Ulrich Rotenhagen: Die „Eped“-Technologie (electrically controlled Panic Exit Device) stellt für uns die nächste Generation der Rettungswegtechnik dar, denn bei der Entwicklung der Produkte haben wir die neue DIN EN 13637 bereits berücksichtigt. Auf der Grundlage dieser EU-Norm lassen sich Fluchttüren besser gegen missbräuchliche Benutzung absichern. Die Norm bietet einheitliche Anforderungen an Produkte für aktuelle Sicherheitskonzepte und größeren Spielraum bei der Produktgestaltung in der Rettungswegtechnik. Dieses Potenzial haben wir mit unseren „Eped“-Produkten ausgeschöpft. Nach Harmonisierung und der Koexistenzphase wird die DIN EN 13637 die aktuell in Deutschland gültige Richtlinie über elektrische Verriegelungssysteme von Türen in Rettungswegen (EltVTR) ablösen. Da diese momentan aber noch für den deutschen Markt verbindlich ist, sind unsere „Eped“-Produkte auch nach ihr geprüft.

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Wie genau haben Sie den Spielraum der neuen Norm genutzt?

Ulrich Rotenhagen: Das Ziel der neuen Norm spiegelt sich bereits in ihrem Namen wider: Elektrisch gesteuerte Fluchttür-Anlagen. Dahinter steht der Gedanke eines vollständigen Systems, das alle Anforderungen an eine Rettungswegtür in einer funktionellen Einheit umsetzt. Bisher bestanden die Komponenten an einer Rettungswegtür aus Schloss und Beschlag sowie einer Rettungswegabsicherung mit Magnet und Nottaster. Vier Produkte, die nicht zwingend miteinander funktionell verbunden sind. Bei der Entwicklung der „Eped“-Technologie haben wir daher großen Wert auf diesen Systemgedanken einer vollständigen Fluchttüranlage gelegt und die Einzelfunktionen in einem einzigen Produkt vereint.

Was ist das Besondere an der neuen Technologie?

Ulrich Rotenhagen: Mit „Eped“ lassen sich drei wichtige Vorteile in der Absicherung von Fluchttüren realisieren. Der erste ist, wie gesagt, die Zusammenführung verschiedener Technikelemente in einem einzigen Bauteil an der Tür. So können beispielsweise der mechanische Verschluss, die Absicherung der Tür und die Notbetätigung in einem Produkt vereint werden – zu sehen an unserer gesteuerten „Eped“-Druckstange mit integriertem Displayterminal, die Mitte 2020 auf den Markt gekommen ist.

Zweitens verknüpfen wir mit der neuen Technologie die Funktionalität der Fluchttürtechnik mit unserem Bussystem „Hi-O“. Das bedeutet, dass die Tür über dieses Bussystem steuerbar ist und neue Komponenten an die Tür gebracht werden können.

Der dritte Vorteil, den die Technologie bietet, ist die Regelung der zeitverzögerten Freigabe einer Fluchttür. Da eine verzögerte Freigabe im Hinblick auf die Personensicherheit eine sehr kritische Anwendung ist, müssen die Gründe für diese Option im Einzelfall definiert sein und diese Anforderung in ein Sicherheitskonzept des Gebäudes eingebunden sein. Die Option bedeutet also nicht, dass eine Zeitverzögerung in jedem Fall erlaubt ist. Generell umsetzbar sind aber zwei Varianten: zum einen eine lokal gesteuerte Freigabe mit einer Verzögerung bis zu 15 Sekunden und zum anderen eine zentral gesteuerte Verzögerung über die zentrale Fluchtwegsteuerung. Hier sind bis zu 180 Sekunden Verzögerung möglich.

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Aufgaben und Funktionen von Flucht- und Rettungswegtechnik

Worin besteht der Vorteil einer zentralen Fluchtwegsteuerung?

Ulrich Rotenhagen: Die zentrale Fluchtwegsteuerung ist auch eine Intention der DIN EN 13637: Ein Fluchtweg besteht nicht nur aus einer einzigen Fluchttür, sondern ist meist ein Weg aus einem Gebäude, der durch mehrere Türen führt. Bei einer zentralen Steuerung sind sämtliche Fluchttüren eines Objekts über Ethernet miteinander vernetzt. Das System besteht also nicht mehr nur aus den Produkten an einer einzelnen Tür, sondern aus den Komponenten aller Fluchttüren. Wir bieten mit unseren „Eped“-Produkten eine Technologie an, die in solchen zentralen Fluchtwegsteuerungen einsetzbar ist.

Welche Lösungen bietet Assa Abloy mit der neuen Technik genau?

Ulrich Rotenhagen: Die neue Technologie umfasst eine komplette Produktfamilie in verschiedenen Abstufungen. Wir bieten ein Standardterminal im Schalterdesign, ein Display-Terminal in Kombination mit einer Fluchttürverriegelung sowie die gesteuerte Druckstange mit integriertem Display-Terminal. Unser Display mit Touch-Funktion ist bisher einzigartig am Markt. Einen Impuls zur Entwicklung gab hier ebenfalls die DIN EN 13637: Wir wollten eine Technik, die alle Bedienfunktionen des Rettungswegterminals komfortabel und nutzerfreundlich integrieren kann.

Welche Nutzer will Assa Abloy mit der Technologie ansprechen?

Ulrich Rotenhagen: Zunächst einmal die Nutzer, die generell von einer Fluchttürabsicherung profitieren. Dazu gehören vor allem Objektbetreiber, die dem Missbrauch der Fluchttüren vorbeugen wollen. Verhindert werden sollen zum Beispiel gewohnheitsmäßig verkürzte Ausgangswege des hauseigenen Personals oder eine beabsichtigte oder unbeabsichtigte Nutzung der Tür von fremden Personen bis hin zu Diebstählen. Eine weitere Zielgruppe für Fluchttürabsicherungen mit der Option der Zeitverzögerung sind Betreiber von Kindertagesstätten oder Einrichtungen aus dem Gesundheits- und Pflegebereich wie Seniorenheime und Demenzstationen. Hier kann verhindert werden, dass Personen unbemerkt aus dem Haus gelangen und so in Gefahr geraten. Ein ganz anderes Einsatzgebiet für zeitverzögerte Fluchttürabsicherungen sind große öffentliche Gebäude wie Museen, Eventlocations oder beispielsweise Flughäfen. Hier arbeitet in der Regel Sicherheitspersonal vor Ort, das im Falle eines Missbrauchs der Fluchttüren sofort einschreiten kann.

Warum sollte man sich für „Eped“ entscheiden?

Ulrich Rotenhagen: Die zwei wesentlichen funktionellen Unterschiede zu herkömmlichen Fluchttürabsicherungen sind die zeitverzögerte Fluchttürfreigabe und eine erhöhte Einbruchsicherheit, wenn die gesteuerte „Eped“-Druckstange mit einem passenden Schloss kombiniert wird. Mit der Technologie bieten wir den Zielgruppen aber noch weitere Vorteile, die für eine Entscheidung relevant sein können: Durch das „Hi-O“-Bussystem bleiben Objektbetreiber bei der Nutzung ihrer Räumlichkeiten und der Türen flexibel. Geänderte Anforderungen lassen sich einfach mit neuen Komponenten an der Tür realisieren und vernetzte Systeme sind leicht zu erweitern. Beispielsweise können eine mechanische Druckstange und ein geeignetes mechanisches Schloss aus unserer Reihe „OneSystem“ durch eine gesteuerte „Eped“-Druckstange ersetzt werden, wenn ein Kabelübergang an der Tür vorbereitet ist. Diese Flexibilität ist auch für Planer von Vorteil, sogar bei Neubauten. Wenn Nutzungen erst später im Einzelnen bekannt werden, lassen sich Türen mit „Eped“-Technologie sicher und schnell umfunktionieren.

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Wie kommt das neue „Eped“-Display im Markt an und wo ist es schon im Einsatz?

Ulrich Rotenhagen: Wir haben das Touch-Display unter anderem auf der architect@work in München und Düsseldorf sowie auf Fachmessen vorgestellt. Dort wurde das Design vor allem von den Architekten sehr positiv aufgenommen. Aber auch die Anbindungsmöglichkeiten über den Hi-O-Bus an vernetzte Systeme und Gebäudesteuerungen wurden als großer Vorteil gesehen. Das Displayterminal ist bereits in verschiedenen Pilotprojekten im Einsatz und die Version für die Wandmontage seit Anfang 2020 erhältlich.


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