Wer sorgt für Sicherheit in der Forensik?

Dr. Martin Kitzberger, Leiter der Justizanstalt Asten, Österreich, sprach über die Änderung der Gesetzgebung im österreichischen Maßregelvollzug.

Händeschütteln war auf der Fachtagung Forensik, zu der der Verband für Sicherheitstechnik (VfS) am 3. und 4. März 2020 nach Nürnberg eingeladen hatte, bereits tabu. Doch die etablierte Veranstaltung fand noch statt, und von den circa 150 angemeldeten Teilnehmern, hätten nur sehr wenige abgesagt, wie VfS-Geschäftsführer Dr. Clemens Gause zu Beginn der Tagung betonte. Die beginnende Coronakrise war zwar in den Pausen bereits ein großes Gesprächsthema, im Vordergrund stand aber das mit hochkarätigen Referenten besetzte Tagungsprogramm, das das Thema Sicherheit in der Forensik aus verschiedenen Perspektiven beleuchtete.

Geiselnahmen im Gefängnis

So erläuterte etwa Hendrik Plewka vom Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin, Maßnahmen zu Verhinderung von Geiselnahmen im Vollzug. Diese kämen zwar relativ selten vor, so Plewka. Doch wenn es zu Geiselnahmen im Gefängnis komme, seien oft höchsttraumatisierte Opfer die Folge. Hendrik Plewkas ehemaliger Kollege und VfS-Vorstandsmitglied Wolfgang Suhrbier erinnert sich noch gut an den Fall Susanne Preusker in der JVA Straubing vor elf Jahren. Die Psychologin war damals von einem verurteilten Sexualmörder, den sie bereits seit mehreren Jahren sozialtherapeutisch behandelt hatte, in ihrem Büro über sieben Stunden lang als Geisel genommen, mehrmals vergewaltigt worden, und hatte sich Jahre später das Leben genommen. „Solch schreckliche Vorfälle zeigen, dass wir alles dafür tun müssen, dass es in den Justizvollzugsanstalten erst gar nicht zu Geiselnahmen kommen kann, appellierte Wolfgang Suhrbier.

Reformen des Maßregelvollzugs in der Forensik

Der Leiter der forensischen Justizanstalt Asten, Dr. Martin Kitzberger, erläuterte anschließend die Änderungen in der Gesetzgebung im österreichischen Maßregelvollzug sowie deren Auswirkungen. Der Maßregel-, in Österreich Maßnahmenvollzug genannt, in dem psychisch kranke Straftäter untergebracht werden, sei zwar im Strafvollzug mitgeregelt, erklärte Kitzberger. Dennoch sei vieles unklar, und die Debatte um Reformen flamme immer dann von neuem auf, wenn Aufsehen erregende Fälle in der Tagespresse aufgegriffen und thematisiert würden. Kitzberger wies dabei darauf hin, dass ein Grundproblem in den teils unklaren Zuständigkeiten bereits in der Definition geistiger Gesundheit liege: „Was eine seelisch-geistige Abart überhaupt ist, ist eine durchaus interessante Frage“, so der ehemalige Philosophiestudent.

Die Frage nach der Wahrung der Grundrechte der Gefangenen im Maßregelvollzug, thematisierte im Anschluss Matthias Koller, Vorsitzender Richter am Landgericht Göttingen, am Beispiel der Fesselung von Patienten, mit der sich vor kurzem das Bundesverfassungsgericht beschäftigt und ein „Fixierungs-Urteil“ erlassen hatte, das Rechtsgarantien bei Freiheitsentzug regelt.

Fortbildung zum Sicherheitsverantwortlichen

Die Ausbildung von Sicherheitsverantwortlichen thematisierten schließlich Gerald Lomp, ehemaliger Kriminalhauptkommisar bei LKA Niedersachsen am Beispiel mechanischer Sicherheit von Fenstern und Türen sowie Dr. Mag. Ingeborg Zeller von der Donau-Universität Krems, die eine berufsbegleitende, akademische Fortbildung zum Sicherheitsverantwortlichen anbietet. Ein solches Angebot gebe es in Deutschland bisher nicht, betonte Zeller. Der Studiengang richte sich an berufstätige Erwachsene und beinhalte insgesamt neun Module, die alle Sparten der Sicherheitsbranche abdecke. In diesem Zusammenhang wies Dr. Ingeborg Zeller auch auf die jährlich veranstaltete Sicherheitskonferenz an der Donau-Universität Krems hin, die in diesem Jahr am 21. Oktober stattfindet.